Heute dürfen wir Thomas Stehl von CTS in den Kaffee-Hallen in Hamburg besuchen und ihm Löcher rund um Kaffee in den Bauch fragen. Uns ist Transparenz genau wie euch wichtig und genau deshalb nehmen wir euch heute mit in die Welt des Kaffees. Denn genau hier fängt die Qualität des Kaffees an: Im Ursprungsland und im Einkauf.
Zu meinem Job bin ich wirklich wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Ich mochte weder Kaffee noch Bier. Inzwischen mag ich beides – so viel schon mal vorab. Mein Geld habe ich damals als Fußballer und im Pizzaservice verdient. Dann kam plötzlich ein Anruf eines Mitarbeiters bei Rehm & Co – einem Kaffeeimporteur. Er hat mich gefragt, ob ich Interesse an einer Ausbildung bei Rehm & Co. hätte und wollte wissen, ob ich nicht spontan vorbei kommen will zu einem Gespräch.
Ich befürchte das war der Versuch bei meinen Eltern mit einem bekannten Industriekaffee und das hat mir zu 100% nicht geschmeckt.
Erst als ich dann im Bereich der Spezialitäten gelernt habe und ich alles probieren konnte, habe ich mich in Kaffee verliebt. Vor allem Kenia und weitere Spezialitäten hatten es mir damals angetan.
Wann bist du das erste Mal auf einer Kaffeeplantage gestanden?
Das war 2003 im Rahmen der Ausbildung in Costa Rica.
Ein super Erlebnis und seitdem ist ein Ursprungsbesuch jedes Jahr Pflicht.
Gegründet habe ich dann am 6.6.2011 – das kann man sich wenigstens gut merken. Übernächstes Jahr haben wir 10-jähriges Jubiläum – da gibt es eine fette Party. Ein Kollege aus der Kaffeebranche hat mich gefragt, ob ich nicht seine Handelsagentur übernehmen möchte als er in Rente gegangen ist. Er wusste, dass sie bei mir in guten Händen ist und das war ihm wichtiger als alles andere. Ich habe ihn gefragt, was er dafür haben möchte und er meinte nur nichts – ich möchte nur, dass du weitermachst. So wurde mir übrigens auch die Martermühle im Kundenstamm weitergegeben.
Daraus ist mein Agenturgeschäft geworden, das hat sich glücklicherweise schnell multipliziert. Mit Vollgas, so hat das angefangen. Mittlerweise importieren wir ja selbst und in Eigenregie.
Bei uns gibt es einen bunten Blumenstrauß des Rohkaffees.
Man braucht die perfekten Lagerbedingungen. Sprich eine konstante Luftfeuchtigkeit von ca. 50% und konstante Temperaturen. Das ist hier in Hamburg ideal.
Thomas, die Welt des Kaffees ist ja ziemlich komplex. Wir wissen ja: Kaffee wächst nicht überall, sondern v.a. im Kaffeegürtel rund um den Äquator. Du bist das ganze Jahr in den Ländern unterwegs?
Ich bin tatsächlich das ganze Jahr viel unterwegs. So sieben bis acht Tage-Reisen sind das jeweils. Allein dieses Jahr war ich schon viermal auf Reisen nach Kolumbien, Guatemala, Brasilien und Honduras – dann gleich auf verschiedensten Plantagen. Im Frühjahr geht es nach Mexiko in die Kooperative. Wir besuchen Projekte mit Kleinbauern, die wir begleiten.
In sechs Tagen erleben wir Reisen als Gruppe, auch Besuche aus der Industrie, besuchen Microlots, diverse Plantagen, Produzenten von denen wir sackweise Ware beziehen, Bio und Demeter Plantagen.
Anstrengend, aber wahnsinnig schön.
Kurz wird leider schwer, Kaffee ist ein irrsinnig komplexes Thema.
Kaffee ist ein Agrarprodukt, das im Ursprungsland angebaut wird. Es gibt einige Beteiligte an den Wegen des Kaffees: Pflanzer, Kleinbauern, Plantagenbesitzer, Kooperative, Zwischenhändler, Exporteur, Importeur, Agent und Makler sowie Röster.
Am Ende der Kette steht der Kunde, der entscheidet welchen Kaffee er bezieht. Preisschwankungen gehören da zum Alltag.
Und da könnt ihr euch schon vorstellen, je weniger Beteiligte und je direkter, desto mehr bleibt bei den Kleinen.
Zur Preisgestaltung des Kaffees ist die Börsennotierung also ein nicht unbedeutender Faktor. Der Kaffeehandel wurde an der Börse gestartet, damit man in der Zukunft schon Preise hat. Kaffee wird je nach Sorte an der New Yorker Börse für Arabica bzw. Londoner Börse für Robusta gehandelt. Damit ist klar, wo der Preis ist, auch wenn ich den Kaffee im März 2020 verschiffe. Das ist ein komplexes Kalkulationstool für den Anbau, Einkauf – aber auch eine Sicherheit für den Händler.
Leider wird es auch oft für Spekulationen genutzt. Denn Spekulanten bringen Kapital und Marktmacht. Kaffee kann an der Börse über Monate im Voraus gekauft oder verkauft werden, selbst wenn die Ernte noch nicht erfolgt ist. Das ist dann Warentermingeschäft.
Dann gibt es noch – und das sind auch viele eurer Kaffees - direktgehandelte Kaffees, die von Land zu Land unterschiedlich sind. Es gibt keine Schablone, sondern wir schauen uns jedes Land und den Kaffee einzeln an und zahlen Preise deutlich über dem Markt. Viele sprechen von einem Basispreis, aber der sagt nichts darüber aus, was beim Bauern ankommt. Das ist also noch nicht die ganze Wahrheit.
Das mache ich nicht, da ich nicht weiß wie der Farmer dran beteiligt ist.
Ich möchte, dass der bestmögliche Erlös pro Kilo an die Bauern und Pflücker gehen. Wir machen da alles transparent. Je weniger Beteiligte, desto mehr kommt beim Bauern an.
Eine Reihe von Faktoren beeinflusst den Preis: Die Qualität des Rohkaffees, Angebot und Nachfrage, Lagerbestände, Ertragszyklen, die Spekulationen, Konsum und Erntezeiten.
Es folgt eine einfache Import-Export Kalkulation und das heißt: Je einfacher und transparenter die Strukturen, desto fairer. Posten sind der Anbau, die Ernte, evtl. Exporteure oder eine Kooperative.
Im besten Fall macht der Farmer viel selbst und hat eine eigene Export Lizenz. Dann profitiert er von allem. So werden unter anderem auch viele eurer Kaffees bezogen.
Der zweite Teil des Interviews folgt...Dort erfahrt ihr dann alles über die Ernte, soziale Projekte, den Siegel-Dschungel, den Unterschied zwischen Bio und konventionell und vieles mehr.
- Wie wird man eigentlich Kaffee-Importeur?
- Wie muss Kaffee gelagert werden?
- Wie sieht es in den Ursprungsländern aus?
- Wie wird Kaffee gehandelt?
- Wie setzt sich der Kaffeepreis zusammen?
Tatsächlich hatte ich einen Anzug von der Weihnachtsfeier im Kofferraum, habe mich kurzerhand umgezogen und bin los. Nach einem langen Gespräch über Fußball war schnell klar: Dort arbeite ich Probe. Aus den ursprünglich geplanten vier Wochen wurde dann eine und für mich stand fest - das ist es.
Auf einmal schmeckte auch der Kaffee so richtig – und übrigens auch das Bier ? Sprich aus der Liebe für Fußball ist die Liebe zu Kaffee geworden, ich habe bei Rehm Kaufmann im Außenhandel für Kaffee gelernt, die Fokussierung auf Kaffee gab es nicht oft. In der Schule hat man auch Spanisch gelernt, sprich man wurde perfekt für die Welt des Kaffees vorbereitet. Ich hatte zwei großartige Ziehväter im Bereich Kaffee, denen ich noch heute sehr dankbar bin.
Das war 2000, sprich seit 20 Jahren mache ich das jetzt.
Thomas Stehl ist unabhängiger Kaffeeimporteur und Berater. Für die Martermühle ist Thomas schon seit Jahren unterwegs in Sachen hochwertiger Kaffees und inzwischen auch ein guter Freund. Freut euch auf Teil 2 der Interview-Reihe.