Es gibt Hunderte von Traditionscafés in Wien. Man kann vieles gar nicht richtig beschreiben, was ein Kaffeehaus in Wien ausmacht. Man muss hinfahren, reingehen und die Atmosphäre erfahren. Man muss eigentlich Wiener werden, um die Wiener Kaffeehauskultur zu verstehen. Es gibt aber ein paar Cafés, die unter den besonderen Wiener Kaffeehäusern "besonders besonders" sind. Die Geschichten von drei solcher Kaffeehäuser möchten wir Ihnen hier erzählen.
Wie das Kaffeehaus nach Wien kam
Was ist das, Kaffeehauskultur? Kaffeehauskultur ist eng verknüpft mit europäischer Geschichte. Seit der Frühen Neuzeit im 17. und 18. Jahrhundert hat der Kaffee in Europa Karriere gemacht. Kaffeehäuser entwickelten sich während der Aufklärung zu wichtigen Orten des gesellschaftlichen Zusammenkommens. Viele Politiker, Künstler, Intellektuelle und die höhere Gesellschaft nutzten sie als "erweitertes Wohnzimmer" und verbrachten ihre Freizeit hier. Manche gaben ihr Stamm-Café sogar als Postadresse an.
Eine absolute Hochburg dieser Kaffeehauskultur ist seit den frühen Tagen: Wien. So ist Wien heute noch bekannt für seine traditionsreichen Cafés, in denen man die klassischen Wiener Kaffeespezialitäten bestellen kann. Dazu ein Stück der berühmten Sachertorte - was will man mehr?
Drei besondere Wiener Kaffeehäuser
Das Café Demel: Kaffee seit über 200 Jahren
Die Erfolgsgeschichte des Demel begann nicht mit dem Kaffee, sondern mit dem Kuchen zum Kaffee: der Wiener Zuckerbäcker Ludwig Dehne gründete 1786 eine Konditorei. Seine Spezialitäten erfreuten sich bald solcher Beliebtheit, dass man ihn zum kaiserlichen Hoflieferanten ernannte. 1857 vermachte ein Nachkomme des Gründers die Konditorei seinem ersten Lehrling, der da hieß: Christoph Demel. Von da an blieb der Betrieb über hundert Jahre lang in Demelscher Familienhand.
Auch wenn ursprünglich eine Konditorei - der Demel ist aus der Liste Wiener Traditionscafés nicht wegzudenken. Bereits früh traf sich hier die Wiener High Society, um einen Kaffee zu schlürfen und von den Demelschen Süßwaren zu naschen. Sogar Kaiserin Sisi gehörte zur Stammkundschaft - die kandierten Veilchen des Demel sollen ihre Lieblings-Süßigkeit gewesen sein.
1887 zieht der Demel an den Wiener Kohlmarkt um, wo er sich heute noch befindet. Die Innenausstattung übernahmen berühmte Wiener Architekten, das kunstvoll gestaltete Gewölbe und die Mahagoniwände mit den eingelassenen Spiegeln im Rokoko-Stil beeindrucken heute noch die Gäste.
In den 1970er Jahren erhielt die Blütezeit des Demel einen Dämpfer. Der Ehemann der verstorbenen Klara Demel übernahm die Leitung - doch Federico von Berzeviczy-Pallavicini war Künstler und verkaufte den Betrieb weiter. Hier endet die lange Linie der Familienführung. Das Café Demel wechselte noch mehrmals den Besitzer, in den 90er Jahren musste man Insolvenz anmelden. Heute ist der Demel in der Hand eines Catering-Unternehmens und unterhält eine Filiale in New York. Trotzdem legt man Wert auf das Traditionsbewusstsein, das den Demel zum Demel macht.
Berühmteste Spezialität ist die Demelsche Sachertorte. Mit dem Haus Sacher lieferte sich das Haus Demel in den 1960er Jahren einen Rechtsstreit darüber, wer seine Sachertorte "Original Sachertorte" nennen darf. Sacher gewann. Seitdem gibt es "Demels Sachertorte" - mit einer Schicht Marillenmarmelade weniger, aber genauso gefragt bei Touristen wie Einheimischen.
Die Kaffeekarte ist umfangreich und genauso raffiniert wie die Konditorei-Waren. Neben traditionellen Wiener Kaffeegetränken gibt es Demelsche Spezialitäten wie den Anna Demel Kaffee - ein Kaffee mit Orangenlikör und Sahne. Zu Österreichisch: Schlagobers.
Das Café Hawelka: Das Wiener Kaffeehaus mit Herz
Das Hawelka ist jünger als das Demel, aber genauso traditionsverbunden. 1939 gründete Leopold Hawelka es mit seiner Frau Josefine. Das Glück im Hawelka währte nur ein paar Monate. Dann brach der Zweite Weltkrieg aus und Leopold musste zur Wehrmacht. Er überlebte den Krieg und eröffnete 1945 das Café neu. Das Gebäude war wie durch ein Wunder von den Fliegerbomben verschont geblieben.
Die 50er und 60er Jahre entwickelten sich zur Blütezeit des Hawelka. Leopold war leidenschaftlicher Hobbymaler und förderte deshalb die Kunst in seinem Café. Viele Künstler und Intellektuelle bevölkerten es. Er sammelte Werke seiner Gäste und stellte sie im Hawelka aus. Eine andere Wand schmückte er mit Plakaten über geplante Ausstellungen. Eine Angewohnheit, die sich zur Wiener Tradition entwickelt hat. Unter seinen Künstlern befand sich unter anderen Hundertwasser!
Der aufkommenden Moderne der 60er Jahre widersetzte man sich im Hawelka vehement. Sie läuft der Tradition der Wiener Kaffeehäuser entgegen. Allem, wofür das Hawelka steht. Das Einzige, was Leopold Hawelka aus den modernen italienischen Café-Bars übernahm, war eine moderne Espressomaschine. Sonst änderte sich nichts im Hawelka. Nicht die alte Innenausstattung, nicht die Gastgeber, nicht die Gäste. Das macht das Hawelka zu dem, was es ist. Das und Josefines berühmte Buchteln, die die Gäste damals wie heute magisch anziehen. Der Duft des frischen Gebäcks verteilt sich jeden Abend im ganzen Café - mittlerweile nach Originalrezept gebacken von Sohn Günter Hawelka.
Gründerehepaar Leopold und Josefine sind eine Wiener Institution - genauso berühmt wie ihr Kaffeehaus. Beide sind mittlerweile verstorben, Leopold im Alter von hundert Jahren. Ihr Name, und ihr Kaffeehaus in Wien, bleiben.
Das Café Central: das Kaffeehaus, in dem Leo Trotzki Schach spielen ging
Ein klassisches Wiener Kaffeehaus darf hier nicht fehlen: das Café Central. Es liegt mitten in Wien, in dem prunkvollen Palais Ferstel. Der Prachtbau ist nach seinem Architekten benannt, nicht nach seinem Besitzer. Gebaut wurde es nämlich als Bank. Weil "Palais Bank" nicht schön klingt, benannte man es nach dem Architekten Heinrich von Ferstel. Ein Palais im venezianischen Stil, das sich in der Wiener Herrengasse neben seinen prunkvollen Nachbarn nicht schämen muss.
Das Café Central logiert hier seit seiner Gründung 1876 und ist vielleicht Wiens schönstes Kaffeehaus. Ganz anders als das familiäre Hawelka ist es nicht weniger berühmt. Es zeichnet sich durch seinen Luxus aus. Der mediterrane Arkadenhof und das Mobiliar im Gründerzeitstil sind genauso auffällig prachtvoll wie der Palais selbst.
Heute kann der geneigte Gast die erlesenen Kuchen und Torten aus der eigenen Pâtissière probieren. Richtige Meisterwerke! Man kann sich gar nicht entscheiden, ob man sie essen will oder lieber als Deko im Wohnzimmer aufstellen. Am Ende isst man sie natürlich doch, zusammen mit einem Verlängerten. Dabei kann man ausführlich die historische Atmosphäre des Café Central genießen. Die Liste der früheren Gäste gleicht einer Auflistung der intellektuellen Prominenz der Jahrhundertwende: Sigmund Freud, Leo Trotzki, Frank Kafka, Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler, Robert Musil, Stefan Zweig.
Fazit
Kaffeehauskultur ist ein Stück europäische Geschichte. Darüber haben wir hier ausführlicher berichtet. Auch in Frankreich, Italien und Deutschland gibt es eine weit zurückreichende Kaffeehauskultur. Aber Cafés, in denen Kaiserin Sisi aus und ein ging - die gibt es nur in Wien.
Was die ganzen Wiener Kaffeehäuser im Kern vereint, ist vor allem eins: der Kaffee. Wenn Sie nicht so bald nach Wien kommen, um sich eine Melange oder einen kleinen Schwarzen zu gönnen - ein Stück Kaffeehauskultur können Sie sich ganz einfach nach Hause holen: mit einem richtig guten Kaffee. Die passenden Bohne dazu finden Sie mit unserem Kaffee Wiener Mischung.