Man kann ihm nicht entrinnen. Wir treffen ihn in der U-Bahn, auf der Straße, im Büro und im Supermarkt. Wir holen ihn am Bahnsteig, beim Bäcker und bei McDonald's: den Coffee to go. Dabei ist es erst ein paar Jahre her, dass der Kaffee zum Mitnehmen seinen Siegeszug durch die deutschen Städte angetreten hat. Wie hat er sich so entschlossen durchgesetzt?
Die Geschichte des Coffee to go
Wer hat den Coffee to go erfunden?
Nein, Starbucks hat nichts mit der Erfindung des Coffee to go zu tun. Wenn man so will, war das Lawrence Luellen. Anfang des 20. Jahrhunderts erfand er den Einwegbecher - für Wasser, nicht für Kaffee. Das hatte vor allem hygienische Gründe. Früher trank man Wasser aus öffentlichen Hähnen und aus gemeinschaftlich benutzten Metallbechern. Die Folge war, dass sich Bakterien und Viren fröhlich unter den Menschen verbreiten konnten - bestimmt hat nicht jeder den Becher nach dem Benutzen abgespült. Daher also die Idee: ein Becher zum Wegwerfen.
Der Siegeszug des Coffee to go
Wie bei jeder genialen Erfindung waren die Menschen am Anfang nicht davon begeistert. Erst während der Spanischen Grippe zehn Jahre später, die weltweit Millionen Todesopfer forderte, griff man vermehrt auf den Einwegbecher zurück. So wurde die Spanische Grippe ungeplant zur Marketing-Kampagne und von diesem Moment an verbreitete sich der Einwegbecher in den kommenden Jahrzehnten immer weiter.
Kaffee setzte sich als Genussmittel für breite Bevölkerungsschichten nach dem Zweiten Weltkrieg durch. Bald kam die Imbisskette "7-Eleven" in New York auf die Idee, heiße Getränke in Einwegbechern zum Mitnehmen anzubieten. Gewissermaßen ist das die tatsächliche Geburtsstunde des Coffee to go, mit Bechern noch aus Styropor, nicht aus Plastik oder Pappe.
In den 80er Jahren hat Starbucks den Deckel zum Becher erfunden. Ursprünglich war der dazu gedacht, für den Milchschaum auf Kaffeegetränken wie Latte Macchiato Platz zu schaffen. Diese Art von Kaffeegetränken hatte man in Italien entdeckt. Dass der Deckel gegen Kaffeeflecke auf der frisch gewaschenen Bluse half, stellte sich als angenehmer Nebeneffekt heraus.
Und seit wann gibt es den Coffee to go in Deutschland? Erst in den 90er Jahren schaffte es der Kaffee-Einwegbecher über das große Meer nach Europa. Bei uns benutzte man ihn zuerst für Filterkaffee, dann kamen Cappuccino und seine Geschwister dazu. Seitdem ist der Siegeszug des Coffee to go nicht mehr aufzuhalten.
Der Coffee to go kam, um zu bleiben
Der Coffee to go - ein Amerikaner
Alles, was aus den USA kommt, ist toll. Das stimmt natürlich nicht, aber in den letzten Jahrzehnten kommen eine große Zahl der Trends in Mode, Musik, Kunst und Kultur aus den Staaten. Auch wenn sich in den letzten Jahren ein zunehmender Antiamerikanismus verbreitet hat (unter anderem durch den Irak-Krieg), so wird unsere Kultur trotzdem von den USA stark beeinflusst. Man denke nur an den Avocado-Trend, der aus Kalifornien stammt. Oder an die Burgerketten, die überall aus dem Boden sprießen. Auch den Coffee to go kennen wir aus amerikanischen Serien und Filmen sowie aus Coffeeshops wie der San Francisco Coffee Company. Und alles, was aus Amerika kommt, ist cool. So der Coffee to go.
"Einen Iced Vanilla Cold Brew Coffee to go, bitte!"
Früher gab es einfach Kaffee. Kaffeepulver in den Filter, Filter auf die Kanne, Wasser kochen, reingießen, fertig. Diesen Kaffee gibt es heute noch bei Oma, an Feiertagen nachmittags zur Sahnetorte. In den schicken Cafés serviert man gerne Iced Caramel Mocca, Chocolate Cappuccino und Flat White. Filterkaffee gilt bei Nichtwissern als unkreativ und altmodisch. Ein Curcuma-Latte-Macchiato erscheint dagegen hipp und modern, Teil der urbanen Kultur, die wir alle leben wollen. Nur: Man kann ihn sich nicht so einfach zuhause zubereiten. Wer mit diesem Trend gehen will, muss ihn im Café kaufen.
Coffee to go für ein Leben to go
Unser Lebensstil hat sich stark verändert. Wir sind immer im Stress, Hektik bestimmt unseren Alltag. Ein Mentalitätswandel hat stattgefunden: Alle sind "busy", immer beschäftigt. Der Coffee to go passt perfekt in dieses Bild - das Bild der erfolgreichen Geschäftsfrau, die schnell einen Energiekick für den nächsten Termin hinunterkippt. Oder das Bild des Start-up-Gründers, der gleich zum Kreativmeeting muss. Er hat aber in der Nacht zuvor bis zwei Uhr mit den Freelancern gebrainstormt und braucht jetzt Koffein. Dieser Lifestyle setzt den Coffee to go wie als Grundbedingung voraus: Willst du Kaffee, muss er dich auf deinem Weg zum nächsten Stopp in deinem emsigen Leben begleiten können. Der Coffee to go ist ein Erkennungszeichen. Wer einen To-go-Becher in der Hand hält, wirkt wichtig, gefragt und beschäftigt. Deshalb achten viele darauf, regelmäßig mit einem Coffee to go durch die Straßen zu laufen, möglichst so, dass die Nachbarn sie sehen. Weiß ja keiner, ob sie zum nächsten Meeting hetzen oder nur zum Friseur.
Dieser Lifestyle hat das kurze Innehalten auf dem Weg ins Büro zu Grabe getragen. Verpassen wir etwas, wenn wir uns keine Zeit mehr für den Kaffee im Café nehmen? Vielleicht. Sicherlich fehlt uns die Pause, die man bei dem Espresso im Café gegenüber einlegt. Ein Stück Entschleunigung fehlt. Aber für Entschleunigung nimmt sich der Start-up-Gründer selten Zeit.
Fazit
Das Paradoxe an der Sache ist, dass der Trend zu Stress und Hektik längst kippt. Cafés wie Starbucks laden zum Verweilen ein, strahlen Geborgenheit und Gemütlichkeit aus. Die großstädtische Start-up-Kultur kritisiert den Coffee to go aus dem Einweg-Pappbecher, weil er so viel Müll produziert … Und trotzdem bleibt der Trend. Der Coffee to go hält sich schon so lange, dass man ihn nicht mehr als Trend bezeichnen kann. Ein Trend ist etwas, das schnell kommt, sich durchsetzt und dann schnell geht. Der Coffee to go ist gekommen, um zu bleiben. Vielleicht - hoffentlich! - schenkt man ihn bald nicht mehr in Einwegbechern aus. Um der Nachhaltigkeit willen setzen sich vielleicht Thermos-Kaffeebecher durch, so wie die Martermühle sie verkauft. Alternativen bieten ein Pfandsystem, Becher aus Bambus oder anderen biologisch abbaubaren Stoffen. Aber der Kaffee zum Mitnehmen ist ein Symbol unserer Zeit. Egal, in welchem Gefäß - er wird bleiben.
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