Von der Espresso-Tasse über das Latte-Macchiato-Glas bis zur Schale für den Milchkaffee: Welchen Einfluss hat das Trinkgefäß auf den Kaffeegenuss? Eine kleine Einführung:

Das Schöne an der Beschäftigung mit kulinarischen Themen: Wir können unser Wissen immer weiter verfeinern. Und damit unseren Geschmack. Je öfter wir Kaffees aus unterschiedlichen Bohnen trinken, desto mehr Nuancen fallen uns auf. Erst merken wir nur, dass die Bohnen aus Kenia fruchtig schmecken, fast wie Tee. Und die Bohnen aus Brasilien süß-schokoladig. Nach einer gewissen Zeit präzisiert sich unser Geschmack. Schmecken die hellgerösteten Bohnen aus Afrika tatsächlich nach Johannisbeere? Und die dunkler gerösteten aus Südamerika nach Bitterschokolade mit einer Spur Aprikose?

Üben, üben, üben

Am leichtesten fällt uns diese Verfeinerung mit der Unterstützung eines Experten – zum Beispiel in einem Kurs in einer Kaffeerösterei. Ansonsten hilft nur: Üben, üben, üben und so die eigene Wahrnehmung trainieren. Aber Vorsicht! Wer einmal damit anfängt, kommt nur schwer von der Faszination los. Und bald fragen wir uns: Worauf kommt es noch an, beim Kaffeetrinken, abgesehen von Herkunft und Röstung der Bohnen? Auf die Zubereitung, klar. Filterkaffees erlauben eine größere Vielfalt an Aromen, während Espressos konzentrierte Geschmacksexplosionen auslösen. Viele Kaffeeliebhaber beschäftigen sich genauso intensiv mit ihrem Getränk wie Weinfans. Kein Wunder, dass früher oder später die Frage aufkommt: Welches Trinkgefäß passt zu welchem Kaffee?

Tatsächlich ist den wenigsten klar, welchen Einfluss Form, Größe oder Material eines Glases oder einer Tasse auf ihren Inhalt haben können. Im Fall von Wein suchen Kenner ihr Glas sogar nach den Aromen der Rebsorte aus. Sie unterscheiden nicht nur zwischen Weißwein- und Rotweinglas, sondern wählen verschiedene Gläser für verschiedene Rotweine, zum Beispiel Spätburgunder und Syrah. Grund: Der vordere Teil unserer Zunge nimmt Aromen anders wahr als der hintere, der rechte anders als der linke. Und über seine Form kann das Glas die Flüssigkeit so steuern, dass sie an genau der Stelle auf unsere Zunge trifft, dass uns der Wein bestmöglich schmeckt. Wie gesagt: Der Verfeinerung sind kaum Grenzen gesetzt.

Auf die Größe kommt es an

Womit wir zur Frage kommen, wie das Trinkgefäß unseren Kaffeegenuss beeinflusst. Anders als beim Wein spielt hier das Aroma (noch) eine untergeordnete Rolle. Das erste Kriterium liegt auf der Hand: Da sich verschiedene Kaffeeprodukte stark in der Menge unterscheiden, schwankt auch die Größe der Trinkgefäße. Einen Espresso trinken wir aus einer kleinen Tasse, einen Milchkaffee aus einer großen Schale. So weit, so offensichtlich. Was die Kaffeegefäße noch von den Weingläsern unterscheidet: das Material.

Manche Espresso-Trinker schwören auf Glas, andere bevorzugen kleine Tassen aus Porzellan. Beide Varianten haben ihre Stärken. Espresso-Gläser gelten aktuell als besonders schick. Kein Wunder, sie geben den Blick frei auf die dunkel strahlende Flüssigkeit und die gold-braune Crema. Gleichzeitig speichert Glas die Wärme des Espressos gut. Nachteil: Auch das Glas selbst kann heiß werden und so das Anfassen erschweren. Alternativ bevorzugen viele Espresso-Liebhaber den dicken Rand einer Porzellantasse. Ähnlich wie Glas hält Porzellan die Wärme gut. Manche Experten meinen, dass die Crema in Porzellan besonders weich einläuft und Textur und Aussehen lange aufrechterhält. Ob Glas oder Porzellan: Wer mit der Mode gehen will, trinkt seinen Espresso übrigens aus Gefäßen ohne Henkel.

Vertrauter Pott

Beim Filterkaffee wiederum genehmigen Stil-Experten den Henkel. Weniger schick, dafür für viele umso vertrauter, ist der Kaffeepott, in Büros gerne mit – mal mehr, mal weniger – lustigen Sprüchen versehen. Im Gegensatz zu den oft zierlichen Tassen lassen sich die meisten Potts dank grobem Henkel bequem durch die Gegend tragen. In Sachen Material schwören manche Filterkaffeetrinker auf Steingut, einer besonderen Art der Keramik aus Ton und anderen Mineralien. Wie Porzellan verliert der Kaffee seine Wärme in Tassen aus Steingut nur langsam.

Große Gläser sind vor allem für Eiskaffees geeignet. Oder für die beliebten Latte Macchiatos, deren Dreischichtung darin besonders gut zur Geltung kommt. Wer seinen Café au lait am liebsten nach französischer Art aus einer großen Schale ohne Henkel trinkt, sollte im Sinne der Wärmespeicherung auf dicke Keramikwände setzen. Durch die große Öffnung kühlt der Kaffee sonst rasch aus.

Funktion und Vorliebe

Kurzum: Im Vergleich zum Wein wählen Kaffeetrinker ihr Gefäß vor allem nach Funktion und persönlichen Vorlieben. Und natürlich ist alles erlaubt, was den individuellen Kaffeegenuss erhöht. Gleichzeitig fangen Kenner an, ihr Trinkgefäß nach dem Geschmack der Bohnen auszusuchen. Zum Beispiel trinken sie besonders fruchtigen afrikanischen Kaffee aus einem Cognac-Schwenker, weil sich darin die Aromen gut konzentrieren. Wer weiß: Vielleicht verkaufen demnächst die ersten Nischenhändler spezielle Kaffeetassen für Bohnen mit besonders würzigem Aroma. Und warum eigentlich nicht? Schließlich sind die Aromen verschiedener Kaffeesorten mindestens genauso vielfältig wie die unterschiedlicher Weinsorten.